Pastor Felke

Emanuel Felke – Ein Pastor macht Repelen berühmt

zusammengestellt von Hansfried Münchberg

Wenn in diesen Tagen (10.September2023) vom Felke Verein im Moerser Ortsteil Repelen das Jubiläum 125 Jahre Jungbornpark gefeiert wird, so kommt sofort der berühmte Pastor Emanuel Felke in den Sinn, jener als „Lehmpastor“ bekannt gewordene evangelische Geistliche, dem das einstmals verschlafene ländliche Dorf Repelen zu verdanken hat, daß es zu nationaler, ja zeitweise sogar zu internationaler Bekanntheit gekommen ist.
Jener Emanuel Felke war am 10. Juli des Jahres 1894 „in der heute gethätigten Pfarrwahl einstimmig gewählt“ worden, wie damals der „Grafschafter“ berichtete. Er war vorher Pfarrer in Cronenberg gewesen. Am 10. August 1894 wurde dessen Wahl vom zuständigen Königlichen Konsistorium bestätigt. Repelen war damals ein Ort mit etwa 2400 Einwohnern, rein ländlich geprägt, seine einzige Sehenswürdigkeit war die Repelener Kirche, eine der ältesten Kirchen des Rheinlands.

„Ein zweiter Kneipp“

Felke, ein Anhänger des Naturheilverfahrens und der damals aufkommenden Reformbewegung wurde als „zweiter Pfarrer Kneipp“ (der damals in Wörishofen praktizierte) bekannt. Seine Heillehre stützte sich im wesentlichen auf gesunde Bäder, Bewegung an Licht und frischer Luft, Erdkraft (Lehmbäder) und gesunder Ernährung.

Er hielt regelmäßig „Sprechstunden“ ab und diagnostizierte durch einen tiefen Blick in die Augen und ins Gesicht. Augenscheinlich hatte er mit seiner Methode guten Erfolg, denn schon bald sprach es sich nicht nur in Repelen, im Kreise Moers sondern am ganzen Niederrhein und darüber hinaus herum, daß hier ein heilkundiger Pastor sehr gute Erfolge erzielte. Seine Sprechstunden fanden meist an der Repelener „Linde“ statt, der Gaststätte die unmittelbar neben der Dorfkirche lag.

Durchbohrender Blick

So schrieb der „Grafschafter 1898: „Nein, nein, welch ein durchbohrender Blick liegt doch in den Augen des Pastors von Repelen!“ Das ist immer wieder der Ausruf, den man von Felkes Patienten hört. Diese Augen, die jedem auf den Grund des Herzens schauen, vermögen mit Hilfe der Gesichtsausdruckskunde vom Gesicht und Hals des Patienten abzulesen. … Personen, die vor Monaten noch sorgfältig verpackt, schwach und todesmatt nach Repelen transportiert wurden, erscheinen jetzt, nach langer Fußtour frisch und munter.

Wenige Tage später schreibt wieder der Grafschafter: Was für ein beängstigender Verkehr herrscht doch in dem abgelegenen idyllischen Repelen, wenn Pastor Felke seine Patienten empfängt, deren Zahl an manchen Tagen wohl zweihundert beträgt. Vielfach sind sogenannte unheilbare Kranke, die bereits bei den verschiedensten Autoritäten zur Kur waren, und die nun Rettung durch Felke erhoffen. Lungenschwindsüchtige, Krebskranke, Herzleidende, Geisteskranke, Bleich-, Fettsüchtige und Hautkranke…. Und inmitten dieses Jammers die edle Gestalt Felke`s“

Felke handelte höchst uneigennützig, denn er verlangte für seine Behandlungen, Diagnosen und Ratschläge keinerlei Honorar.

Gewaltiger Zustrom

Im Oktober schreibt wieder der „Grafschafter: „Der Zustrom hat derartig gewaltige Dimensionen angenommen, daß der Pastor nicht mehr in der Lage ist, wenigstens ein Viertel der Heilsuchenden zu behandeln. Viele Patienten mussten unverrichteter Dinge wieder abgewiesen werden. Man beabsichtige, um den Zustrom bewältigen zu können, noch im Herbst eine große Heilanstalt zu bauen, in der nach Felkes Methode von weiteren Ärzten behandelt werden solle. Es habe sich in Repelen ein Konsortium gebildet, das im kommenden Jahr ein bei der Kuranstalt liegendes Kurhotel bauen wolle. Eine Arztwohnung solle ebenfalls gebaut werden.

Über die homöopahische Naturheilanstalt nach Felkes Ideen berichtet die „Rhein- und Ruhrzeitung 1899: „Die Anstalt umfasst einen Länderkomplex von weit über 50 Morgen Größe. Sie liegt etwa 5 Minuten von Repelen entfernt, am sogenannten Repeler Meer, das eine Erweiterung des frischen, klaren Moersbaches ist. Das Wasser des letzteren wird in der Anstalt die verschiedenartigste Verwendung finden. Die Anlage ist von verschiedenen Licht- Luftwegen durchkreuzt. Weite Rasenflächen wechseln sich ab mit sauber angelegten Tannenkulturen. Der an den Kuranlagen vorbeiführende Weg von Repelen nach Moers ist mit Chaussee-Bäumen gesäumt. Eine mehrere Meter hohe Blechwand wird bald die Anstalt von der Außenwelt abschirmen. …eine Menge kleiner Licht- und Lufthäuschen (jeweiliger Kostenaufwand pro Haus 1000 Mark) liegen verstreut auf dem Terrain. Besondere Kies- und Sandbäder sollen bei Sonnenbädern verwandt werden. Auch der Regen soll zu Heilzwecken genutzt werden, indem der Pastor den Patienten anempfiehlt, während desselben entweder unbekleidet oder aber nur mit einem dünnen Lichtluftmantel angetan an den von oben kommenden Segen sich zu setzen. Noch im Frühjahr soll die Anstalt offiziell dem Betrieb übergeben werden. Für das Kurhotel und die Arztwohnung wird ein Kostenaufwand von 100 000 Mark veranschlagt.

Fast vollendet

Am 3. März 1899 berichtet der Grafschafter: „ Die Anstalt ist nahezu vollendet. Erwähnenswert sei, daß diese ausschließlich von Repelener Handwerkern und Arbeitern errichtet worden sei. Gegenwärtig sei man damit beschäftigt den Damen- sowie Herrenbereich herzustellen. Beide seien kreisförmig angelegt und jeweils von einem hohen blickdichten Zaun umgeben. Im Mai solle der Anstaltsbetrieb aufgenommen werden. sei gerade die Einrichtung eines Speisehauses im Gange. Um die Patienten auch bezüglich einer Milch-Diät optimal behandeln zu können, will Pastor Felke nach Eröffnung des Betriebes Ziegen, Schafe, Kühe und Esel ankaufen lassen. Er hatte erprobt, daß Ziegenmilch unter allen Sorten die leichtverdaulichste sei. Der „Jungborn“ solle im Mai 1900 eröffnet werden, es lägen aber bereits eine große Zahl von Anmeldungen von Kurgästen vor.

Repelen hatte sich bereits wegen der Bautätigkeiten und des regen Zulaufs wirtschaftlich gut entwickelt. Die zahlreichen Kurgäste waren in Privatunterkünften einquartiert, sie mussten versorgt und verpflegt werden. Sie mussten mit Kutschen und Fuhrwerken nach Repelen transportiert und wieder zur nächstgelegenen Bahnstation gebracht werden. Ein Bahnhof sollte in Bornheim (heute der Bahnhof „Rheinkamp“) eingerichtet werden. Die Gastwirtschaften profitierten von den zahlreichen Gästen, da diese auf ihren verordneten Wanderungen und Spaziergängen sicher gerne auch einmal einkehrten um sich zu erholen, um, so ist zu vermuten, außer Hafergrütze, Rohkost und Wasser, vielleicht auch einmal ein Bierchen oder einen Schluck Wein oder auch einen Schweinebraten zu sich zu nehmen.. Damals wurde auch die Reformgaststätte in Utfort errichtet. Sie bot den Ermüdeten Labsal in Form von Rohkost, Buttermilch und Hafergrütze. Viele Moerser und Utforter können sich noch an diese, an der Rheinberger Straße gelegene Gaststätte erinnern. Bis zum Jahr 2000 war dies der von der Familie Eickschen geführte Ratskeller, schräg gegenüber des Utforter Rathaus, wo ein sehr frisch gezapftes Pils gepflegt wurde.

Reformgaststätte „Ratskeller“ Utfort

Natürlich riefen solche großen Erfolge des Pfarrers, der rege Zulauf und der damit verbundene wirtschaftliche Aufschwung des Dorfes auch Menschen auf den Plan, die daran teilhaben wollten.
So meldete die Kempener Zeitung am 2. Mai 1899, der Pastor Felke habe seine Sprechstunden eingestellt, da ihm zu Ohren gekommen sei, daß seine bisherige so selbstlose und uneigennützige Tätigkeit von fremden Spekulanten durch Ankauf von Grundstücken finanziell ausgebeutet werden solle.

Hotel „Jungborn“ in Repelen, gemalt von Bertha Trompetter

Im Winter der Jahre 1899/1900 wurden sowohl im Herren- wie auch im Damenpark jeweils eine Wandelhalle errichtet um den Betrieb auch im Winter aufrechterhalten zu können.
Der Grafschafter schreibt im Januar 1900: „ der Zuzug nach Repelen dauert fort und manches neue Haus wird gebaut“.
Felke hatte inzwischen auch international einen solchen Ruf erlangt, daß er im Dezember 1900 nach Italien gerufen wurde, um dort in der Toscana ein Licht-Luft-Bad nach Jungborn-Prinzipien einzurichten.

Neid, Missgunst und Feindschaft

Natürlich riefen solche Erfolge auch Neider, Missgünstige und sonst nicht Wohlgesonnene auf den Plan. Felke wurde wieder und wieder mit Falschmeldungen, Anschuldigungen, Anfeindungen, Anzeigen und Prozessen überzogen. Dieses ist ein umfangreiches Geschehen.

„Ich wäre der Regierung dankbar, wenn sie mir die Kranken vom Halse hielte!“

Vom verschlafenen Bauerndorf zum national und international bekannten Kurort, diesen rasanten Aufstieg, innerhalb weniger Jahre hat Repelen zur Jahrhundertwende 19. zum 20. Jahrhundert geschafft.
Wie im vorangegangenen Artikel beschrieben hatte die 2400 Seelen Gemeinde das dem 1894 ins Amt gekommenen Pastor der evangelischen Kirchengemeinde, Emanuel Felke zu verdanken. Dieser Seelsorger war ein eifriger Verfechter der Naturheilkunde und entwickelte in seiner Repelener Zeit die Felkesche Naturheil-Methode. Dabei war er so erfolgreich, daß binnen Kurzem ein reger Zulauf von Heilung Suchenden nach Repelen stattfand. An vielen Tagen sollen bis zu 200 Personen den heilkundigen Pastor aufgesucht haben. In wenigen Jahren wurde unter seiner Leitung eine ganze „Kuranstalt“ bestehend aus dem Jungbornpark, dem Jungbornhotel, Wandelhallen, Licht- Luft Hütten, Speisesaal und Unterkünften errichtet. Viele Häuser, entlang der Jungbornstraße wurden damals von den Repelenern als Unterkünfte mit Fremdenzimmern erbaut.

Damals wie heute gab es natürlich auch Zweifel an der Wirksamkeit des propagierten Naturheilverfahrens. Es ist wohl nicht weiter verwunderlich, daß eine so erstaunliche Erfolgsgeschichte auch Neider und Gegner auf den Plan rief. Allen voran die Vertreter der Schulmedizin, die der Naturheilkunde skeptisch gegenüber standen, wohl auch um ihre Pfründe fürchteten, und der Behörden sahen in Pastor Felke einen „Kurpfuscher“ und wurden nicht müde, diesen mit immer neuen Prozessen zu überziehen. Aber auch einigen Repelener Bauern, niederrheinischen Sturschädeln, war so ein neumodischer „Reform-Kram“ nicht geheuer, wäre es ihnen doch lieber gewesen, der Herr Pfarrer hätte seine ganze Energie auf das Gemeindeleben konzentriert.

„Lehmerei“ erregt Unwillen
Es gibt zahlreiche Presse – Berichte aus dieser Zeit. So schrieb z.B. 1898 die Kempener Zeitung: “Die Lehmheilmethode des Pastors Felke in Repelen hat in der ärztlichen Welt viel Unwillen erregt. Die Regierung hat jetzt dem Lehrer U. Müller und einem Genossen desselben verboten, für Felke weiter literarisch und rednerisch zu agitieren und sich an der praktischen Ausübung der „Lehmerei“ zu beteiligen. Gegen Felke ist bei dem Konsistorium ein Einschreiten beantragt worden.

Anzeige wegen Kurpfuscherei
Der „Grafschafter“ schrieb im gleichen Jahr: „Auf eine Anzeige wurde gegen Pastor Felke vor Wochen das Ermittlungsverfahren wegen Kurpfuscherei seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitet. Allerdings sei das Verfahren gegen ihn eingestellt worden.“
Im Dezember 1898 ersuchte die „königliche Regierung zu Düsseldorf“ das zuständige Konsistorium zu Koblenz dem Pastor jeden weiteren Kurbetrieb zu untersagen.
Im Januar des folgenden Jahres begab sich ein Konsistorial-Assesor der Rheinprovinz aus Koblenz nach Repelen um dem Pastor genau auf die Finger zu schauen.
Im Februar 1899 wird die Tätigkeit Felkes als Therapeut anerkannt, soweit diese in uneigennütziger Weise ausgeübt wird. Hiermit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß Felke für seine Therapien keinerlei Honorar verlangte. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß der Pastor seine seelsorgerischen Tätigkeiten in keiner Weise vernachlässige.

Sprechstunde eingestellt
Im Mai 1899 meldete die Kempener Zeitung: „Herr Pastor Felke hat seine Sprechstunden von kommender Woche an eingestellt, da ihm zu Ohren gekommen ist, daß seine bisherige so selbstlose und uneigennützige Tätigkeit im Interesse der leidenden Menschheit von fremden Spekulanten durch Ankauf von Grundstücken finanziell ausgebeutet werden soll.“

Prozeß wegen Körperverletzung
Im gleichen Jahr begann ein von der Staatsanwaltschaft angestrengter Prozeß, der Bauer Wortelkamp hatte Pastor Felke wegen Körperverletzung angezeigt. Der Bauer hatte Heilung einer Blutvergiftung an der Hand von ihm erhofft. Die Hand mußte jedoch später amputiert werden. Die Anklageschrift umfasste nicht weniger als 20 Seiten. Die Voruntersuchung wurde jedoch seitens des Gerichts eingestellt.

Auch mit mehreren frei erfundenen Falschmeldungen in der nationalen und internationalen Presse hatte sich der Pastor immer wieder herumzuschlagen. So soll er beispielsweise per telefonischer Diagnose eine heisere Sängerin kurz vor ihrem Auftritt durch fernmündlich verordnete Lehmpackungen binnen weniger Stunden wieder zu einer glasklaren Stimme verholfen haben.
Auch wurde in Repelen gemunkelt, der Pastor würde mit seinem durchdringenden Blick in die Augen der Damen dafür sorgen, daß die eine oder andere neun Monate später von einem gesunden Kindlein genesen sei, dafür gab aber keinerlei Bestätigung.

Die Natürlichkeit, ein öffentliches Ärgernis
Natürlich war die „neue Natürlichkeit“ sprich Nacktheit in den Kuranlagen vielen Moralisten ein Dorn im Auge, war man zu der Zeit doch im Allgemeinen eher zugeknöpft. So wurde der bevorstehende Untergang der abendländischen Moral heraufbeschworen, wohl auch, weil Felke zu Verhütungs-Methoden riet und die Unterdrückung von Sinnlichkeit ablehnte. So gab es damals etliche Moralapostel die gegen Felke agitierten.

Jungborn-Anstalt amtlich geschlossen
Nach weiteren Prozessen meldete die Kempener Zeitung am 23.7.1903 „Gestern ist die Naturheilanstalt „Jungborn“ amtlich geschlossen worden. Der Grund zu dieser Maßnahme soll darin liegen, daß die Konzession nicht innegehalten worden ist. Felke hoffe jedoch, die Anstalt bald wieder eröffnen zu können, der Vorstand der Anstalt habe Beschwerde beim Regierungspräsidenten eingereicht.

Prozeß wegen Beleidigung des Bürgermeisters und des Amtsarztes
Im Januar 1904 meldete die Leipziger Zeitung: „Im vorigen März hatte Pastor Felke sich vor dem Landgericht Cleve wegen Beleidigung des Bürgermeisters H. und des Kreisarztes B. zu verantworten. Beide hatten in seinem Hause eine Revision vorgenommen. In einer Beschwerde hierüber hat der Lehmpastor ihnen ein ungerechtes und ungesetzmäßiges Vorgehen vorgeworfen. Das Gericht erkannte auf Freisprechung, soweit der Bürgermeister in Frage kommt, und stellte im übrigen das Verfahren ein, da die Zulässigkeit des Strafantrags, den der Kreisarzt gestellt hatte, verneint wurde. Auf die Revision des Staatsanwalts hob das Reichsgericht das Urteil auf, soweit es auf die Einstellung des Verfahrens erkannt hatte, verwarf aber die Revision des Staatsanwalts, soweit das Urteil auf Freisprechung erkannt hatte.“
Ebenfalls im Januar 1904 meldete die Kempener Zeitung: „Pastor Felke ist für den 9. Februar vor das Amtsgericht Moers geladen worden, wo er sich besonders wegen angeblicher Nichtbefolgung des Ministerialerlasses verantworten soll, der allen nicht approbierten Heilkundigen, soweit sie ihre Tätigkeit gewerbsmäßig betreiben, die Anmeldung beim Kreisarzt zur Pflicht macht.“ Da Felke seine Heilkunde ohne jegliche Honorare ausübte, wurde er freigesprochen, da er ja keine „gewerbliche“ Tätigkeit ausübte.

Pastor Felke mit Frau und Kind (Sammlung Hennen)

Mit Geldsachen habe ich gar nichts zu tun
Von einem weiteren Prozeß, diesmal gegen den verantwortlichen Redakteur der Felke-Zeitschrift berichtete der Hannoversche Kurier Hannoverscher Kurier im Dezember 1904 ausführlich.
In der heutigen Strafkammerverhandlung gegen den der Beleidigung von staatlichen Medizinalbeamten angeklagten Redakteur Gerpheide der „Felke-Zeitschrift“ sei die Vernehmung des als Zeugen geladenen Pastors Felke wiedergegeben: Vorsitzender.: Wie ist das mit den Nummergeldern? — Pastor Felke: Mit Geldsachen habe ich gar nichts zu tun. Die Einnahmen habe nie ich. Ich wehre Geld von mir ab. Wider meinen Willen ist eine so große Praxis über mich gekommen. Ich wäre der Regierung dankbar, wenn sie mir die Kranken vom Halse hielte. Je mehr ich angeklagt wurde, destomehr sind gekommen.
Die Schließung der Niederlage in Repelen am 16. April 1904 sei unvermittelt gekommen. Er habe sofort an den Regierungspräsidenten telegraphiert und ihn für die Folgen, Schädigung von Kranken usw., verantwortlich gemacht.
Frage an Felke: Haben Sie Personen aus nächster Umgebung der Kaiserin, hohe Generale, Juristen usw .,behandelt? — Felke: Ja!

In den Gemeinderat gewählt
Auch in der Kommunalpolitik zeigte sich Felke rührig, er kandidierte zum Gemeinderat und wurde auch gewählt, jedoch vermeldete der Grafschafter im Februar 1905
Nachdem die Wahl des Herrn Pastor Felke als Gemeindeverordneter vom Gemeinderate zu Repelen in seiner Sitzung vom 19. Jan. 1905 für ungültig erklärt worden, findet die Neuwahl eines Gemeindeverordneten durch die Wähler der dritten Abteilung am Mittwoch 22.Febr.
Über die Begründung der Wahl-Annulierung war nichts zu erfahren.

Immer wieder war die Jungborn-Anstalt von Schließung seitens der Behörden bedroht. So meldet die Rhein.-Westf. Zeitung 1905: „wird die Pastor Felkesche Naturheilanstalt in Repelen trotz der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes nicht geschlossen werden, da bis zum Eintreffen des Urteils eine Umgestaltung der Anstalt vorgenommen werden wird. Der Landtagsabgeordnete des Kreises Mörs Kommerzienrat Vorster-Köln war am Dienstag dieser Woche in Repelen zur eingehenden Besichtigung der Anstalt und hat darauf an maßgebender Stelle Schritte im Interesse der Anstalt getan.
Eine über 15 000 beglaubigte Unterschriften tragende Petition betreffend die teilweise Außerbetriebnahme der Anstalt „Jungborn“ und die Bitte um Sendung einer Kommission, die Felke Heilmethode an Ort und Stelle prüfen soll, ist fertiggestellt und wird demnächst dem Kaiser und dem Parlament überreicht werden.

Der Pastor wehrt sich
Aber auch die Felke – Gegner hatten mit der Wehrhaftigkeit des Pastors zu rechnen. So meldete der Grafschafter im Januar 1906: „Dr. med Chr. Diehl, dirigierender Arzt am Sanatorium Stolzenberg, wurde heute vom hiesigen Schöffengericht nach etwa fünfstündiger Verhandlung wegen öffentlicher Beleidigung des durch seine Heilmethode bekannten Pastors Felke in Repelen b. Moers und des Schriftleiters der Felke Zeitschrift, G. Gerpheide, beide in Duisburg, begangen in einem Artikel der Zeitschrift „Naturarzt“, zu ja 150 Mk. Geldstrafe ev. 30 Tage Gefängnis, verurteilt.

Prozeß wegen fahrlässiger Tötung – Freispruch
Im Januar 1909 wurde vor der Strafkammer in Kleve gegen Pastor Felke wegen Fahrlässiger Tötung infolge einer angeblichen Blinddarmentzündung verhandelt. Wie der „Grafschafter“ vom 11. Januar 1909 berichtet, sei der Pastor im Laufe der Jahre bereits über ein Dutzend mal angeklagt, er aber immer wieder freigesprochen worden. Wegen dieses laufenden Prozesses sei der Pfarrer gezwungen, seine geplante Amerika-Reise um ein Vierteljahr zu verschieben.
Auch in diesem Verfahren wegen Blinddarmentzündung wurde Pastor Emanuel Felke freigesprochen.

Felke bittet um seine Entlassung
Im Jahr 1914 war Felke offenbar der ständigen Anfeindungen und Prozesse müde, so daß er um seine Entlassung aus den Repelener Pfarrdiensten bat, ironischer Weise mit der Begründung an einem schlimmen Halsleiden erkrankt zu sein. Er setzte seine Heiltätigkeit anschließend in Bad Sobernheim erfolgreich fort. Auch die Felke-Bewegung existierte weiter

„Kann machen daß die Lahmen sehn“

125 JAHRE JUNGBORNPARK IN REPELEN

Heutiger Zustand, Eingang ehemaliges Pastorat in Repelen

Es ist gewiss erstaunlich, welche rasante Entwicklung das um die Jahrhundertwende noch verschlafene Bauern-Dorf Repelen unter der Ägide des Pfarrers, vor allem aber des Naturheilkundigen Emanuel Felke zum national und international bekannten Kurort genommen hat.
Die Kur-Anstalt Jungborn, der Jungbornpark und zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten waren entstanden, ja sogar ein Bahnhof (Bornheim, jetzt „Rheinkamp“) war extra für die anreisenden Kurgäste gebaut worden. An diesen erstaunlichen Aufschwung erinnert gerade das Jubiläum 125 Jahre Jungbornpark.

Der wirtschaftliche Aufschwung war unübersehbar. So war es kein Wunder, daß man seitens der Einheimischen natürlich auch an dieser Entwicklung mitverdienen wollte. Das ging soweit, daß Pastor Felke einmal damit drohte, seine Sprechstunden einzustellen, da einige Bürger aus erhofften Bodenspekulationsgewinnen Profit schlagen erhofften.

Auch gab es einige „Trittbrettfahrer“ die unter der Firmierung „nach Felkescher Lehre“, vielleicht auch mit dem Einverständnis Felkes, alle möglichen Produkte auf den Markt brachten. Für die Wißbegierigen gab es zunächst etliche Druckschriften im Verkauf, die die Felke – Methode propagierten. Dazu kamen dann „Felke-Wäsche“, „Felke-Bettgestelle“, „Felke- Kaffee-Ersatz“, „Felke-Ersatz-Butter“, „Felke- Stickhustensaft“, „Pastor Felkes Kurwannen“, „Felke-Nährkaffee“ sowie „Kost und Logis nach Felke – Grundsätzen“ und Einiges mehr.

Über die örtliche Presse wurden vermittels hin- und her geschriebener Leserbriefe Pro- und Contra ausgetauscht, wohl um den Pastor als Quacksalber und Kurpfuscher zu diffamieren einerseits, zu verteidigen andererseits. So zum Beispiel über die angebliche Blitzgenesung einer Hof-Opern-Sängerin aus Braunschweig, die nach einer telefonisch Verordneten Lehmpackung kurze Zeit später ein glänzendes Konzert sang, obwohl sie vorher kaum noch ein Krächzen zustande brachte. Dieses wurde dementiert, wieder behauptet, bestritten usw.

Eine ganz kühne, in der ganzen Nation verbreitete Meldung war, Pastor Felke habe, um die Ungefährlichkeit von Bazillen zu beweisen, einen ganzen Teller mit Tuberkel-Bazillen verspeist, ohne daß ihm dabei etwas zugestoßen wäre. Natürlich wurde diese Meldung heftig kommentiert und ebenso heftig dementiert. Zum Ende stellte sie sich als Falschmeldung, von wem und warum auch immer lanciert, heraus.

Licht- Lufthütte im Jungbornpark, heute Felke-Museum
Licht- Lufthütte im Jungbornpark, heute Felke-Museum

Einige Blüten sind auch in teils nett gemeinten, teilweise spöttischen Liedern und Versen zu finden, die über die Presse publiziert wurden. So schrieb zum Beispiel der „Wochenplauderer“ der Essener Volkszeitung 1904

Ihr Leute spitzt jetzt Euer Ohr
Schiwiddewitt bumbum,
Ich bin der gute Lehmpastor!
Schiwiddewitt bumbum,
Kann machen daß die Lahmen seh`n
und daß die Blinden wieder geh`n!…..

Ein anderes Beispiel, ein aus den Schützengräben des Ersten Weltkriegs zugesandter Reim des Soldaten Willy Ailbout, Unteroffizier d. Landwehr aus Repelen:

„Sehr geehrter Herr Pastor.
Ich kann wirklich nicht davor,
Daß man hier im Schützengraben
Sich am reinen Lehm muß laben,
Denn ein Wirkungsfeld wie nie,
Wär tatsächlich hier für Sie!
Lehm gibt es hier drauf und drunter,
Trotzdem sind wir gesund und munter,
Das kommt, erzählt ich meinen Kollegen,
Weil wir hier ganz nach„Felke“ leben….“

In den Abbildungen sind Beispiele dieser Blüten zusammengestellt.

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Auch Felke selbst soll um flotte Sprüche nicht verlegen gewesen sein. So berichtet Christa Wittfeld vom Felke-Verein von Gesprächen mit Zeitzeugen, der Pfarrer habe beispielsweise aufgefordert: „schlaft viel auf der Erde, dann müsst ihr nicht so früh unter die Erde!“
Oder: Schließt die Augen vor dem Esel der hier oben predigt, aber haltet die Ohren auf für das Wort! Oder: Beim Fahrradfahren müsst ihr immer freundlich grüßen!

hochgeladen von Hansfried Münchberg

Wenn Sie mehr Informationen zu Felke und seiner Methode haben möchten, gehen Sie im Jungbornpark ins Felke-Museum, ein Nachbau einer Licht- Luft-Hütte, ist geöffnet Sonntags von15 bis 17Uhr.
Weiteres erfahren Sie auf der Homepage de Felke-Verein unter http://www.felkeverein.de

Der Grafschafter 28.7.1933

Der Grafschafter 23.11.1935

Der Grafschafter 23.5.1934

Der Grafschafter 14.4.1934

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